Diäten sind blöd.
Das höre ich zunehmend in den Medien und in Interviews mit Ernährungsberatern und so allgemein wird es langsam anerkannter, dass man sich mit Nahrungsverzicht und Abnehmpülverchen nichts Gutes tut.
Ich selbst habe einige von den angepriesenen „Wundern“ mitgemacht bis ich zum Intuitiven Essen gelangte. Zunächst habe ich in jüngeren Jahren auf Zucker komplett verzichtet, mir Mahlzeiten komplett verboten und knallhart täglich 1-2 Stunden exzessiv Sport getrieben. Das Ergebnis sah man auf der Waage, aber auch an mir selbst. Zum Ende hin – nach einem Jahr ca. – waren es insgesamt 23 Kilos weniger, die ich nun nicht länger mit mir herumschleppte. Der Verzicht und die Quälerei hatten allerdings zur Folge, dass mir die Last zu viel wurde. Ich nahm wieder zu und wog sogar mehr als vorher. Das passierte natürlich nicht auf einmal, sondern in Abstufungen, bis mir wieder einfiel, dass es so nicht weitergehen kann und ich eine nächste „Kur“ machen musste. Ich probierte die Patric Heizmann-Diät „Ich bin dann mal schlank“ aus. Dieser sagt zwar, man könne alles essen, aber man müsse darauf achten, nicht zuviel Fett zusammen mit Kohlenhydraten zu sich zu nehmen und abends solle man auf Kohlenhydrate komplett verzichten. Die Art und Weise, wie sein Buch geschrieben ist, ist einleuchtend und interessant und bis heute bin ich noch sehr beeindruckt von seiner Beschreibung der Vorgänge im Körper. Allerdings erwies sich die Umstellung als problematisch. Ich nahm ab, wie beschrieben, jedoch musste ich mich sehr einschränken. Nudeln mit Käse waren tabu – zu viel Fett auf zu viele Kohlenhydrate. Wenn man eingeladen war oder zu Besuch, dann gestaltete sich alles so schwierig, man wollte auch nicht immer erklären müssen, warum man das jetzt nicht so und so essen kann. Dazu immer und ständig auf die Inhaltsangaben schauen, Fettgehalt-ok?, Kohlenhydrate und Zuckergehalt-ok?, Eiweißgehalt-ok?
Das musste schiefgehen über Kurz oder Lang.
Dann folgte LowCarb bis hin zu NoCarb. Wer das nicht kennt: Man isst so wenig Kohlenhydrate wie nur geht. Und man streicht sich dabei alle Schönheiten und den Genuss aus dem Essensplan und aus dem Leben. Ganz toll. Ich habe es nicht lange durchgehalten – Warum? Keine Nudeln, kein Reis, keine Kartoffeln, kein Stück Kuchen, selbst wenn es nur mal eins ist! Ich begann spätestens jetzt zu denken: „Das muss doch auch anders gehen!“
Während meiner Recherchen auf der Suche nach einer ursprünglichen Ernährungsweise probierte ich gleichzeitig die Steinzeit-Diät (Paleo). Tolle Sache diese Steinzeit-Nahrung. Ich belas mich ein wenig und schaute mir auf YouTube regelmäßig die Videos von Urgeschmack an. Viel Obst/Gemüse, Fleisch/Fisch, Nüsse usw, dafür aber kein Zucker, keine Getreideprodukte, keine Milchprodukte und keine pflanzlichen Öle. Im Ansatz eine tolle Sache und ich bin mir auch sicher, dass es für einige Menschen tatsächlich funktionieren könnte. Aber auch hier war ich so streng mit mir, dass mich nach einiger Zeit richtige Sehnsucht, ja eine Art Heimweh plagte. Ich ernährte mich in einem Anfall von Gesund sogar mal ein Wochenende lang nur von Obst, Gemüse und Wiesenkräutern und musste am darauffolgenden Arbeitstag feststellen, dass ich in der Bahn wohl einen Kreislaufzusammenbruch erlitten haben musste – Ups! Und dann dieser Verzicht… Ich wollte gern Milch trinken, denn ich liebe Milch, aber ich durfte nicht, weil mein Gewissen mir sonst sauer wurde… ich wollte ein Brötchen essen … und Nudeln & Co., aber ich blockierte mich und meine Gelüste, bis es nicht mehr ging!
Wenn man sich etwas verbietet, dann wird die Lust darauf manchmal so groß, dass man Fressanfälle bekommt. Und ja, die hatte ich dann auch. Abwechselnd mit Phasen der völligen Tugendhaftigkeit.
So konnte es also auch nichts werden, begriff ich schließlich.
Die Frage die sich mir stellte war: „Warum schaffen es einige Menschen, scheinbar mühelos ihr Gewicht zu halten und warum schaffe ich das nicht? Was ist bei mir anders als bei denen?“
Dass ich mich für das Thema Ernährung interessiere ist also wie ihr seht kein Zufall – leider..
Jeder, der einmal eine Diät gemacht hat – oder etwas ganz ähnliches Einschränkendes – der wird die Folgen sicherlich gespürt haben. Nun gut, bei der ersten Diät ist alles noch ganz einfach… man isst weniger, man sportelt ein bisschen mehr und schwups, hat man 5 Kilo abgenommen, oder 10.
Das Problem ist nur der weitere Weg; das Gewicht dann zu halten, ist durchaus problematisch.
Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich mag das Wort „Jo-Jo-Effekt“ überhaupt nicht. Nicht nur wegen dessen Hintergrund, nämlich dem schwankenden Gewicht (rasche Zunahme nach schneller Gewichtsabnahme durch z.B. Diäten), sondern ich finde es auch recht unpassend. In meiner Kindheit/Jugend gab es ein paar Jahre, in denen ein Jo-Jo ein lustiges Spielzeug abgab. Man konnte schöne Sachen damit anstellen: Im Leerlauf eine Schaukel formen oder einen Eifelturm.. – wirklich kurzweilig und witzig. Hattet ihr auch so ein Jo-Jo in der Kindheit? Wenn ja, dann wisst ihr, was ich meine – es war einfach „cool“ gewesen.
Der Jo-Jo-Effekt hingegen beschreibt einen Zustand des Körpers, der nicht ganz so witzig ist, im Gegenteil: Es ist eine Belastung und manchmal eine Qual. Lasst mich das näher ausführen. Was tut man seinem Körper mit einer Diät an?
Stress.
und das nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Man zwingt sein ursprüngliches bisheriges Wissen über Essen ein Korsett aus Regeln anzuziehen. Regeln, die natürlich vernünftig klingen und wenn wir alle nur Kopf wären und sonst nichts, dann würde es sicherlich gelingen, aber das sind wir bekanntlich nicht.
Hinzu kommt, dass viele es direkt übertreiben wollen, denken, dass sie die Regeln wie eine Art religiöse Leitlinien behandeln müssen: „Entweder ich halte alles ein oder ich habe versagt!“ So dachte auch ich. Durch dieses Schwarz-Weiß-Denken verliert man jedoch am Ende erprobterweise mehr Verstand als Kilos. Der Körper wehrt sich nämlich regelrecht gegen eine Gewichtsabnahme, sobald wir unter Stress stehen.
Das kann doch alles gar nicht gut für uns sein, oder?
Ich möchte hier jetzt nicht anfangen über Cortisol etc. zu sprechen. Die Biologie dahinter ist zwar (meine ich) ultrainteressant, diese kann man sich aber gesondert anschauen, Fakt ist, dass Stress eine der Ursache dafür ist, dass man weder abnehmen noch sich in seinem Körper wohlfühlen kann. Ein gelungenes Beispiel dafür, dass Psychisches und Körperliches zusammengehören und zusammenarbeiten.
Umsatzeinbußen.
Ich meine damit nichts Buchhalterisches – zumindest nicht im engeren Sinne -, sondern die Verringerung des Grundumsatzes durch u.a. Abbau der energiefressenden Muskeln. Bei einer klassischen Diät nimmt man sehr viel weniger Kalorien zu sich, als man benötigt. Das ist fatal.
Ich habe gelesen, dass der Körper sich bereits nach ca. 3 Tagen Entbehrung auf den sogenannten Hungerstoffwechsel um- und damit auf den Energiesparmodus einstellt. Alle Zellen schreien quasi nach Futter, die Muskeln sind zu verschwenderisch und werden eventuell abgeschwächter gebraucht, da weniger Energie da ist. Das heißt für den Körper: „Weg damit“ oder zumindest „Weniger davon reicht auch“. Da wird nicht lange gefackelt, sondern direkt abgebrannt, denn woher soll der Körper denn wissen, dass wir nicht wirklich verhungern können. Gut, die Augen könnten es dem Magen-Darm-Trakt ja sagen, aber so einfach ist das nunmal nicht. Im Bereich der Darmzotten und Co. zählen nur die Nährstoffe, die drinnen ankommen, nicht die, die draußen (außerhalb des Körpers) rumliegen.
Erste Anzeichen davon sind Frieren – da der Körper zunächst an der Wärme spart -, gefolgt von Konzentrationsproblemen/schnellere Ermüdung, Leistungseinbrüche und die allseits bekannte schlechte Laune (wie oft ich diese Symptome gegoogelt habe ohne zu verstehen, dass es an meiner Einstellung zur Ernährung liegt…) Das Problem daran ist, dass wir zu geschwächt sind, um uns genügend zu bewegen. Unsere Muskelbewegungen liegen noch bracher als vorher und dann beginnt der Abbau. Herzlichen Glückwunsch!
Diesen Weg weitergesponnen bedeutet das, dass man – da man ja nicht für immer hungern kann – zwangsläufig zunehmen muss, wenn man wieder normal isst (und ich meine mit normal: normal und nicht übermäßig). Wo soll die nun wiedererlangte Energie denn auch hin, wenn nicht erstmal in die Speicher? Verschwenderisch geht unser Körper mit den neuen Kalorien sicherlich nicht mehr um, jetzt wo er quasi aus seinem Dornröschenschlaf gerissen wurde. Er sagt: „Vorher (also vor der ersten Diät) war alles toll. Schlaraffenland und so… aber jetzt? Jetzt muss ich ganz schön aufpassen, dass wir nicht wieder halb verhungern.“
Fatal daran ist, dass man in eine Abwärtsspirale gerät. Wieder zugenommen? puhh.. dann wieder eine Diät, weil mit der hats ja beim ersten mal geklappt, Gewicht zu verlieren. Und dann geht das Gewicht immer auf und ab und auf und ab, bis man keine Lust mehr hat, sich körperlich ausgebrannt fühlt und die ersten Anzeichen einer Essstörung aufweist oder eine entwickelt.
Für mich war das Wichtige dabei zu erkennen – denn ich habe all das wie beschrieben selbst erlebt -, dass unser Körper uns damit „retten“ möchte. Dass ich nicht „schuld“ bin und es nicht so ist, dass ich mich nicht genug disziplinieren kann.
Bis Juli 2014 habe ich das nämlich immer noch geglaubt. In einem Artikel entdeckte ich dann einen Link zum Buch zweier Autorinnen, die sich mit dem Intuitiven Essen beschäftigen. Deren Aussage war, dass man eine Diät gar nicht schaffen könne, da es viel zu radikal ist, man die Gewohnheiten nur Stück für Stück umstellen solle und (das ist der Kern der Aussage) man sich nicht soviel Stress mit dem Essen machen solle. Ich kaufte mir das Buch. Ich las es. Ich probierte die Sachen aus, die sie beschrieben. Das Ergebnis (bis jetzt) ist, dass ich viel entspannter im Umgang mit Essen bin. Ich kann essen, was ich möchte und nehme trotzdem ab. Bisher sind es ca. 5 Kilo seit März 2015. Natürlich ist das ein viel langsamerer Prozess als mit einer Diät (und da zähle ich LowCarb und Paleo mal mit hinein), aber ich habe insgesamt weniger Stress gehabt, mich sportlich zwar betätigt aber nicht allzu sehr verausgabt und dabei sogar noch Spaß gehabt! Dazu genieße ich mein Essen nun wieder mehr und erlaube mir Dinge zu essen, die ich mir jahrelang verboten habe (Nutella und Konsorten). Und es geht trotzdem! Ich muss mich nicht zwingen, einzwängen, verbiegen, planen usw. Es ist alles leichter geworden.
In meinem nächsten Eintrag werde ich Euch das Prinzip des Intuitiven Essens näher erklären. Dieser Beitrag sollte zunächst zeigen, was ich mir jahrelang/jahrzehntelang „angetan“ habe, indem Verzicht und Reue ein Teil meines Essverhaltens waren. Und ich könnte mir vorstellen, dass es einigen von Euch auch so geht.
Mein Rat an Euch ist, lasst Euch nicht verbiegen! Wenn eine Umstellung zu schwierig ist, dann liegt es nicht an euch, sondern an der Methode, die zu radikal für euch ist!
Versucht, all die klugen Regeln und Ratschläge, die ihr über gesunde Ernährung gelernt habt, nach und nach zu vergessen!
Und: ganz viel Entspannung… 🙂
Genießt Euer Essen und denkt daran: „Ungesund ist es mit Sicherheit, nichts zu essen.“
Bis demnächst.
Sehr schön geschriebener Artikel. Du hast auch eine sehr bewegte Vergangenheit mit vielen Diäten hinter dir. Ich kann das so gut nachvollziehen. Ich war so froh, als ich das Buch entdeckte. Mich würde sehr ein Artikel über emotionales Essen im Bezug auf intuitives Essen interessieren. Aber natürlich nur, wenn es ein Thema ist, dem du dich widmen möchtest. 🙂 Vielen Dank, dass du so einen tollen Blog ins Leben gerufen hast. Ich freue mich sehr, weitere Artikel von dir zu lesen.
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So viele schöne Kommentare, hach, ich schwebe… ^^ Dankeschön!
Hey, ich dachte mir gerade so: „Emotionales Essen und ich? – nööö, nie was von gehört.. so rein garnicht…“ *zwinker*
Natürlich, das werde ich mit Sicherheit auch behandeln, es ist glaube ich einer der schwersten Punkte auf meiner Liste, da es dann wirklich psychologisch kompliziert wird ^^, aber ich nehme das auf jeden Fall in Angriff. Bisher bin ich noch in der Phase des Beobachtens und weiß noch nicht, wie ich es komplett verhindern kann, aber sollte man das? Finden wir’s raus! 😀
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